Demokratie fängt bei der Sprache an!


Prof. Dr. N. Janich

„Un-/Faires Sprechen“ und „Ethik der Sprache“ … das ist eine Thematik, die in letzter Zeit zunehmend nicht nur durch konkrete lokale Ereignisse oder Entwicklungen im Kontext sozialer Netzwerke und medialer Kommunikation an Bedeutung, Aktualität und Dringlichkeit gewonnen hat. Das betrifft aber unstreitig auch das Leben, Erleben und das Miteinander von Jugendlichen in Egelsbach und Langen.
Die SchülerInnen des Kurses Q-3 aus der Jahrgangsstufe 12 von Herrn Dr. Dittmer waren eine von drei Teilnehmergruppen aus dem Raum Frankfurt/Offenbach, die ausgewählt wurden, sich mit dieser Thematik im Rahmen eines bisher einmaligen und ersten hessenweiten Pilotprojekts einen ganzen Tag lang intensiv und auf unterschiedlichste Weise mit verschieden Kooperationspartnern – diskursiv und kreativ – zu beschäftigen.
Die Location für diesen Event im Format eines „Studientages für OberstufenschülerInnen an einem außerschulischen Lernort“ bildete die Ev. Akademie „Römer_9“.  Das war wahrlich keine schlechte Adresse am Frankfurter Römerberg, besonders wenn durch eingeworbene Fördermittel sämtliche Kosten, vom Transfer über das gesamte Tagungsprogramm einschließlich den bereitstehenden Erfrischungsgetränken, Kaffee, Kuchen, Obst und das Mittagessen vollständig übernommen werden konnten.
Um 8.20 Uhr trafen sich die KursteilnehmerInnen bei frühmorgendlich-frischen Temperaturen auf dem Bahnhofsvorplatz in Langen und fuhren dann gemeinsam mit Herrn Dittmer gen Frankfurt, wo sie nach einem Gang von der Hauptwache zum Römer bei strahlend frühherbstlicher Sonne schon von den freundlichen Mitarbeiterinnen der Akademie willkommen geheißen und mit frischem Kaffee und Tee empfangen wurden. Die Kontaktaufnahme mit den TeilnehmerInnen der beiden anderen Schulen erfolgte zunächst etwas zaghaft. Durch eine entsprechende Moderation, Klein- bzw. Stehtischgruppen, deren Zusammensetzung durch das Los entschieden wurde, fiel die Zurückhaltung schnell.


Hanna–Lena Neuser

In einer durch Studienleiterin Hanna – Lena Neuser von der Akademie angeleiteten Aktivierung in Gestalt einer Übung zu digitaler Zivilcourage galt es gemeinsam ein Quizspiel „Wie würde ich entscheiden“ zu meistern – und z.B. Fake News in Internet oder Social Media, Messengerdiensten etc. zu identifizieren und darauf zu reagieren. Das war manchmal offensichtlich und leicht, manchmal aber auch gar nicht so unmittelbar erkenn- und nachweisbar.
Im Anschluss daran führte Frau Prof. Dr. Nina Janich in gerade auch auf den ersten Blick gar nicht erkennbare Mechanismen und Prozesse von Ausgrenzung, Diffamierung und Hate- Speech ein.
Als Sprachwissenschaftlerin, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Sprache und Germanistik / Linguistik an der TU Darmstadt, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz sowie nicht zuletzt als Vorsitzende des Jurorengremiums für das „Unwort des Jahres“ war eigentlich niemand geeigneter als sie, um diese Thematik engagiert, exzellent und kompetent sowie für Jugendliche ansprechend zu beleuchten. Das geschah von ihrer Seite nicht einfach theoretisch-abstrakt, sondern sehr konkret, u.a. anhand einer Auswahl von Textbeispielen (Auszügen aus Facebook-Accounts z.B. v. Conchita Wurst im Anschluss an den ESC) und einer Analyse von Kommunikationsmechanismen. Dem anschaulichen und spannenden Vortrag folgten die TeilnehmerInnen in einer für alle anderen BeobachterInnen bemerkenswert aufmerksamen und konzentrierte Weise. Im Anschluss an ihren Impulsvortrag kam es anhand der o.g. und anderer Beispiele zu einer lebhaften Auseinandersetzung über das Spannungsverhältnis von Politischer Korrektheit und dem Anspruch auf Meinungs- und Redefreiheit. So sah sich auf die Tatsache, dass diskriminierende, rassistische und herabwürdigende Äußerungen – entgegen der Argumentation der radikalen Rechten – gerade kein Ausdruck von Meinungsfreiheit sind, die die Bertelsmann-Stiftung schon im Jahre 2010 in einer Untersuchung genötigt ausdrücklich hinzuweisen.

Galerie – Demokratie fängt mit der Sprache an!

Nach einer ausführlichen Mittagspause mit leckerem Essen und Ausflügen in den unterschiedlichsten Formationen in die nähere Umgebung ging es dann am Nachmittag mit diversen Workshops weiter, die ganz unterschiedlich ausgerichtet waren:

  • „WortGewalt“ – einer Übung zur Sprache mit Lena Reichstetter vom Anne-Frank Bildungszentrum,
  • einem Comic Projekt „Hate-Speech in Sprechblasen“
  • einem kreativen Foto-Projekt „Ergreife das Wort / Fotos mit Parolen“ vom Galluszentrum,
  • einem Hiphop-Rap-Projekt Heartbeat Edutainment unter dem Motto „Time do say it right“.
  • Den gemeinsamen Abschluss bildete dann eine Plenumsrunde im Fishbowl unter der Leitung von Dr. Jörg Bickelhaupt – mit u.a. Antonia Jayme im inneren Kreis.

Von der Akademie zeichnete Studienleiter Dr. Eberhard – Martin Pausch federführend verantwortlich für die Organisation und die Einwerbung der Fördergelder zur Finanzierung.Der Probelauf dieses Veranstaltungsformats hat sich so bewährt, dass er – mit geringfügigen Modifikationen – als festes Format mit anderen Projektpartnern auch zu anderen Themen entwickelt und angeboten werden soll.
Allen Genannten und Ungenannten, die zum Gelingen beigetragen haben, besonders auch Frau Prof. Dr. Nina Janich, die von Herrn Dittmer für eine Mitarbeit gewonnen werden konnte und deren Beitrag von den Teilnehmenden als ein besonderes „Highlight“ wahrgenommen – und mit langanhaltendem Applaus bedacht – wurde, sei hiermit noch einmal ganz herzlich gedankt. „Go in peace – Do no harm!“
Dr. Johannes Dittmer